Die meisten Menschen leben in einem Gefühl der Unvollkommenheit. Wir glauben, nicht genug zu sein: Nicht besonders genug, nicht clever genug, nicht schön genug, nicht erfolgreich genug. Wir verbringen so viel Zeit damit, Dingen hinterherzulaufen, in dem Versuch, endlich anzukommen, endlich Zufriedenheit zu finden, dass wir vor lauter Jagen gar nicht merken, dass wir schon lange da sind, dass wir immer angekommen waren und es immer sein werden. So wie in der alten Geschichte des kopflosen Prinzen, der voller Verzweiflung seinen Kopf sucht, bis er schließlich von einem seiner Gefolgsleute einen ordentlichen Schlag auf denselben erhält und plötzlich merkt, dass der Kopf nie verschwunden war.
Wenn Zen Buddhisten sagen, dass das Nirvana schon hier ist, dann meinen wir damit genau das: Wir sind immer schon da, immer angekommen. Dieser Atemzug, dieser Augenblick, unser Sein in diesem Moment ist vollkommen. Wir in diesem Augenblick sind vollkommen. Solange wir versuchen, die Vollkommenheit im Außen zu suchen, das Gefühl von Unvollkommenheit im Inneren dadurch auszugleichen, dass wir mehr besitzen, mehr erreichen oder schöner aussehen, wird die innere Leere niemals verschwinden. Sie wird uns immer begleiten und unser Dasein bestimmen, uns treiben und quälen. So können wir keine Ruhe finden, weil wir ständig auf der Suche sind, weil wir immer weiterrennen in der Hoffnung, Antworten zu finden, die schon lange direkt vor unserem Auge sind. Wir sehen sie nur nicht. Das Traurigste daran ist, dass wir dadurch so vieles verpassen. Wir warten darauf, dass unser Leben besser wird.
Glück ist nicht etwas, das uns irgendwann in der Zukunft einmal widerfährt, wenn wir nur lange genug danach suchen oder darauf warten. Glück ist in uns. Um das zu sehen und es zu leben, müssen wir unser Konzept von Glück und Unglück loslassen und zulassen, einfach glücklich zu SEIN, indem wir annehmen was ist, anstatt uns darüber zu sorgen, was sein könnte oder sollte. Wir müssen aufhören, mit dem Plan zu leben, später einmal glücklich zu werden und mit dem Gefühl, jetzt noch nicht genug zu sein, nicht genug zu haben, um zufrieden sein zu können: Die Idee „Wenn ich ... erreicht habe, bin ich glücklich“, ist eine Illusion und ein Teufelskreis, in dem wir gefangen sind. Solange wir nach dem Glück außerhalb von uns suchen, hören die Suche und das Warten nie auf. Sobald wir etwas erreicht haben, startet die Suche von Neuem und wir warten weiter darauf, dass das Glück endlich zu uns kommt und dann bleibt.
Wir verbringen viel zu viel Zeit in unserem Leben mit Warten, anstatt zu leben. Wir warten auf das große Glück, die große Liebe, den nächsten Erfolg, den nächsten Urlaub, die nächste Gehaltserhöhung, aufs Wochenende. Wir warten und warten, und während wir warten, lassen wir unser Leben an uns vorbeiziehen, ohne wirklich da zu sein. Unser Leben ist endlich und unendlich kostbar. Anstatt irgendwelchen Konstrukten hinterherzujagen, sollten wir aufwachen und tief eintauchen ins (Er)Leben. Leben ist nie immer nur einfach, schön und wunderbar, es ist oft schwer, traurig und manchmal sehr ungerecht, aber es ist alles was wir haben, es ist unser Dasein, unsere begrenzte Zeit hier auf dieser Erde. Wenn wir begreifen, dass unser Glück nicht von außen bestimmt wird, sondern wir es in uns tragen, kann es immer in unserem Leben präsent sein. Ein glückliches Leben ist nicht ein Leben voller Statussymbole und Erfolgsgeschichten, ein glückliches Leben ist ein Leben, das mit Aufmerksamkeit und dem Bewusstsein der Vollkommenheit Moment für Moment gelebt wird.
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